That’s it: Der Brexit ist Realität, die Risiken bleiben auch 2020
Das war der Brexit: Am 31. Januar 2020 haben sich Großbritannien und die EU endgültig getrennt. Bis zum Jahresende nun müssen konkrete Handelsabkommen formuliert und beschlossen werden, die die Risiken für Unternehmen immerhin eingrenzen.
„Das ist ein historischer Moment, von dem es kein Zurück geben wird“, erklärte Theresa May während des etwas mehr als dreieinhalb Jahre langen Prozesses zum Brexit. Und war dieser Weg auch so kurvenreich und von Klippen gesäumt wie die schmalen Landstraßen Cornwalls: Am vergangenen Freitag führte er zu seinem finalen Ziel. Theresa May selbst war da schon längst nicht mehr an Bord, genauso wenig wie David Cameron, der im Jahr 2016 als Premier den Austritt Großbritanniens aus der EU – ungewollt – veranlasst hat. Boris Johnson, aktueller Premierminister in der Downing Street, setzte den jahrelangen Streitereien schließlich ein Ende.
Die Suche nach einem Handelsabkommen
Die letzten Sitzungen im EU-Parlament sind tränenreich zuende gegangen. Politische Zusammenarbeit wird es zwar weiterhin geben, jedoch nicht mehr unter dem Dach einer gemeinsamen Union. Dennoch ist nichts geklärt: Vor uns – den Briten wie den EU-Staaten – liegt nun eine elfmonatige Übergangsphase, in der erst einmal die bisherigen Vereinbarungen bestehen bleiben.
Und: in denen die genauen Modalitäten insbesondere zum Handel mit Waren und Dienstleistungen besprochen werden müssen. Zwar gibt es Vorbilder, etwa die Handelsabkommen zwischen Kanada und der EU oder ein Freihandelsabkommen wie es Australien hat. Woher aber sollen Unternehmen die Hoffnung nehmen, dass ausgerechnet jetzt – wo es gewissermaßen auch ums Geld geht – die Gespräche harmonischer und zielorientierter ablaufen als in den vergangenen Jahren?
Britische Wirtschaft bereits geschädigt
(Nicht nur) die Versicherer sind da skeptisch. Atradius veröffentliche eine Pressemitteilung, in der der Versicherer insbesondere auf die durch jahrelange Ungewissheit bereits bestehende negative Stimmung verweist. „Solange keine Einzelheiten über die künftigen Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs mit der EU bekannt sind“, schreibt Atradius, werde diese Stimmung 2020 anhalten. Dementsprechend rechnet man bei Atradius mit weiterhin niedrigen Investitionen und drohenden Insolvenzen bei britischen Unternehmen. Sieben Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen prognostiziert man sogar, nach einem Anstieg sowohl 2018 als auch 2019 wäre dies eine erneute Belastung für die Wirtschaft auf der Insel. Erst Mitte Januar musste die britische Regierung den Billigflieger Flybe vor einer Großpleite bewahren.
Kritisch bewertet Atradius den Einzelhandelssektor, der zudem ein eher schwaches Weihnachtsgeschäft hinter sich hat. Auch der Bausektor verzeichne jedoch bereits schwache Investitionen, hier kommt auch ein in vielen Ländern bekanntes Problem zum Tragen: fehlende Arbeitskräfte. Wird es für Bürger aus anderen europäischen Ländern zu schwierig, für einen Job nach Großbritannien zu ziehen, fehlen den Unternehmen Fachkräfte wie tatkräftige Hände, mit denen Aufträge angenommen und erfüllt werden können – und den Bauherren wie etwa dem Staat die Unternehmen, die aus Bauplänen und Investitionsvorhaben vollendete Bauwerke machen. (Weitere wichtige Exportgüter haben wir Ihnen bereits in diesem Artikel genannt.)
Risiken für EU-Staaten
Die Folgen des Brexit für die verbliebenen EU-Staaten immerhin seien etwas moderater. Vorrangig trifft es auch unserer Einschätzung nach natürlich die Länder und Branchen, die sehr enge Beziehungen zum Königreich pflegen. Auf Länderseite ist Irland zu nennen. Und bei den Branchen? Stärker betroffen werden die Automobil-, Textil und High-Tech-Industrie sein, schätzt Atradius. Diese Branchen wiederum werden aus unserer Sicht nicht überrascht: Schon länger klagen sie über die Folgen des Brexit, nicht wenige Unternehmen haben längst ihre eigenen Pläne in der Schublade, wie sie drohenden Hürden im Geschäft mit Unternehmen anderer Länder begegnen.
Dazu können auch wir nur raten – und zwar allen Unternehmen innerhalb und außerhalb Großbritanniens. Warten Sie nicht, bis das britische Parlament eine Lösung gefunden hat, sondern richten Sie sich auf verschiedene Szenarien ein. Prüfen Sie Ihre Handelsbeziehungen, Lieferwege und Zahlungsmodalitäten, sprechen Sie mit Ihren Geschäftspartnern, Lieferanten wie Abnehmern. Richten Sie ein eigenes, solides Forderungs- und Risikomanagement ein, das Ihnen zu einer verlässlichen und für Ihr Unternehmen individuell passenden Einschätzung verhilft. Dann können Sie nahezu jedem Handelsabkommen gelassen entgegensehen.
Hilfestellung liefern die Kreditversicherungsmakler, die nicht nur das passende Absicherungsprodukt vermitteln, sondern auch wissen, wie die einzelnen Versicherer ihre Kunden gezielt beim Risikomanagement unterstützen. Denn eines ist sicher: Die Risiken bleiben – und auch das beste Handelsabkommen kann sie nicht eliminieren.