EuGH-Urteil erhöht Risiko in der Kreditversicherung
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs beschwört Gesetzesänderungen in den Mitgliedsländern herauf – und wird in der Folge für ein höheres Risiko in WKV-Policen sorgen. Die Einschätzung des BARDO e. V., dem Internationalen Verband der Kreditversicherungsmakler.
Erhält ein Kreditversicherungsnehmer nach einem Forderungsausfall die in der Warenkreditversicherungspolice vereinbarte Entschädigungsleistung, darf er – unserer Einschätzung nach – gemäß des Urteils C482/21 des Europäischen Gerichtshofs die vorab abgeführte Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer in Höhe dieser Leistung nicht mehr beim Finanzamt zurückfordern. Eine Korrektur der Umsatzsteuermeldung in Höhe der Selbstbeteiligung sollte hingegen möglich sein.
Hintergrund ist ein Forderungsausfall in Ungarn, der von einem Versicherer ersetzt wurde. Im Nachgang beantragte der Versicherer die Erstattung der Mehrwertsteuer. Die zuständige Finanzbehörde wies den Antrag mit der Begründung ab, der Versicherer sei in dieser Angelegenheit nicht erstattungsberechtigt. Schließlich sei nicht der Versicherer, sondern der Versicherte steuerpflichtig. Nach einem Rechtsstreit vor einem ungarischen Gericht rief man den Europäischen Gerichtshof an. Österreich hat zum 1. Januar 2024 das EuGH-Urteil bereits an das bestehende nationale Recht angepasst.
Entschädigungsleistungen sind steuerpflichtig
Der Europäische Gerichtshof sollte schwerpunktmäßig die Frage klären, ob sich Kreditversicherer auf Art. 90 Abs. 1 der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) berufen können, wenn sie dem Versicherten eine Entschädigung für die ausgefallene Forderung – inklusive der MwSt – gezahlt haben und die Forderung an den Versicherer abgetreten wurde. Diese Richtlinie 2006/112/EG legt das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der EU fest. In Artikel 90 geht es darum, ob sich u. a. bei Nichtbezahlung oder Annullierung von Umsätzen die Steuerbemessungsgrundlage verringert. Statt einer Antwort auf die Frage, ob sich nun Versicherter oder Versicherer die gezahlte Steuer zurückholen dürfe, eröffnete der Europäische Gerichtshof eine überraschende und noch viel komplexere Debatte:
In seinem Urteil stellt der EuGH fest, dass die Entschädigungsleistungen von Kreditversicherern für ihre Versicherungsnehmer umsatzsteuerrechtlich als Gegenleistung für steuerpflichtige Umsätze anzusehen sind. Damit ist eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Artikel 90 MwStSystRL nicht mehr möglich.
Die Folge: Höherer Selbstbehalt
Sowohl WKV-Versicherte als auch -Versicherer stehen nun vor einer Herausforderung: Bei inländischen und umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen, die über eine Warenkreditversicherung geschützt sind, erhöht sich im Schadensfall durch die (weiterhin) abzuführende Vorsteuer in den meisten Policen die Selbstbeteiligung von 10 auf rund 25 Prozent der Forderung.
Österreich hat zum 1. Januar 2024 das EuGH-Urteil bereits an bestehendes nationales Recht angepasst, die übrigen EU-Länder müssen das Urteil nun ebenfalls in ihrer Gesetzgebung verankern. Erst dann wird für jeden Versicherten Klarheit über das zusätzliche Risiko bestehen.
Das Fazit des BARDO
Das EuGH-Urteil markiert eine bedeutende Veränderung in der Rechtsprechung. Unserer Ansicht nach muss nach Integrierung des Urteils in die nationale Steuergesetzgebung jeder einzelne WKV-Vertrag geprüft und an die neue Risikolage angepasst werden. Ein zusätzlicher Posten von – bei innerdeutschen steuerpflichtigen Umsätzen – 7 oder 19 Prozent der Forderung erhöht die effektive Selbstbeteiligung in der Warenkreditversicherung und ggf. die Kosten.
Wir empfehlen Versicherten, sich an ihren Kreditversicherungsmakler zu wenden. Gemeinsam mit einem Fachmakler können sie ihr individuelles Risiko prüfen und teuren Überraschungen vorbeugen.
Erfahrene Kreditversicherungsmakler aus dem BARDO e. V. finden Sie hier.
Unser Verband wird die Entwicklungen zu diesem Urteil weiter beobachten.