Die Angst vor Rezession erreicht die Deutschen
„Alarmierende Zahlen: Deutsche Wirtschaft schrumpft“, titelten Nachrichtenmagazine und Zeitungen vor einigen Tagen und warnten vor einer Rezession. Damit ist das, was unsere Branche schon lange umtreibt, in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen.
Es war das Statistische Bundesamt, das alle aufschreckte: In einer Pressemitteilung ließ man wissen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands sich im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent verringerte. Ein Schock für ein Land, das seit Jahren nur Wachstum kennt – sei er auch mit zuletzt 0,4 Prozent noch so gering. Der negative Einfluss auf die Quartalszahlen kommt vom Export, und das ist für uns Kreditversicherungsmakler keine Überraschung. Schon länger stellen wir zunehmend schwierige Bedingungen fest, von Handelsschranken bis zuletzt sogar weniger Auftragseingängen. Auch Großinsolvenzen blieben trotz wirtschaftlich guter Lage in den vergangenen Jahren nicht aus, und das Ende der Niedrigzinspolitik wird uns künftig weitere Insolvenzen bringen. Die Rezession ist real.
Im Inland noch alles in Butter
Dabei verliefen die vergangenen Monate noch recht positiv, schaut man auf die Berechnungen aus dem Inland. Erst im April ließ ebenfalls das Statistische Bundesamt verlauten, die Deutschen würden so viel wie schon seit Jahren nicht mehr kaufen. Um 4,7 Prozent stiegen die Konsumausgaben gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch der Staatshaushalt ist prall gefüllt: über knapp 60 Milliarden Euro Überschuss durfte sich Finanzminister Olaf Scholz vergangenes Jahr freuen – herausragende Steuereinnahmen trafen auf die Folgen jahrelanger Sparsamkeit und damit geringe Investitionsausgaben, wie sie Scholz‘ Vorgänger Schäuble angeordnet hatte.
Für den Geldsegen bei den Steuereinnahmen wie auch im Handel sind damit auch die aktuell 45,1 Millionen erwerbstätigen Deutschen verantwortlich. Sie wissen, dass im ganzen Land weitere Arbeitskräfte gesucht werden, was ihnen zusätzlich Sicherheit gibt. Eine Konjunkturflaute wird aber den Arbeitsmarkt belasten. Und bei vielen Deutschen wird allein die Angst um den Arbeitsplatz, aber auch das Wissen, dass etwa Lohnerhöhungen erst einmal in weite Ferne rücken, künftig für mehr Zurückhaltung im Shoppingcenter, bei der Reisebuchung oder beim Hausbau sorgen.
Traditionell exportabhängig
Zudem nützt es nichts, nur auf das Inland zu schauen. Deutschland agiert weder im luftleeren Raum noch kann der Konsum seiner Bürger vor einer Rezession bewahren. Mehr noch: Die enorm hohe Beschäftigtenquote ist dem starken Mittelstand zu verdanken, und dieser wiederum gehört in Deutschland zu einem nicht unwesentlichen Teil zu den Export-Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Automobil, Chemie und Elektro. Kraftwagen und Kraftwagenteile im Wert von 229,7 Milliarden Euro exportierten deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr – salopp gesagt: So viele Autos können die Deutschen gar nicht kaufen, um diese Summe durch Konsum aufzufangen.
Genau diese traditionell exportstarken Branchen sind es aber, die nun die Konjunktur schwächen: der Maschinen- und Anlagenbau klagt über Auftragsrückgänge und erwartet, auf Kurzarbeit zurückgreifen zu müssen, die Automobilindustrie hat mit drohenden Sonderzöllen, Strafzahlungen wegen des Dieselgates und einem hohen Innovationsdruck gleich einen ganzen Sack voller Probleme. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ließ Anfang Juli wissen, nach einem enttäuschenden ersten Halbjahr wenig optimistisch in die Zukunft zu sehen. Zu schwierig seien die globalen Rahmenbedingungen: langsameres Wachstum der Weltwirtschaft, schwache Industriekonjunktur in Teilen Europas und Verunsicherung der Märkte durch die politischen Handelskonflikte. Die Folge: schon jetzt ein Umsatzminus von 4 Prozent. BASF ließ gar verlauten, aktuell mit einem Rückgang um bis zu 30 Prozent zu planen.
Europa und die Welt: Dramatische Aussichten
Deutliche Unterschiede zeigen die Konjunkturprognosen anderer europäischer Länder. In Osteuropa etwa erwarten die Ökonomen weiterhin Wachstum, hier steigen die Löhne, die Menschen sind konsumfreudiger. Die Westeuropäer dagegen ängstigen die Handelskriege, die ungelöste Brexit-Frage, die ersten Negativschlagzeilen einzelner Konzerne und Branchen. Insgesamt werde das BIP 2019 im siebten Jahr in Folge wachsen, erklärte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici verhalten zufrieden. Die Eurozone soll 1,2 Prozent Plus, die gesamte EU 1,4 Prozent Plus erreichen. Ungarn, Polen, Rumänien und Malta könnten sogar auf ein Plus von vier bis fünf Prozent kommen. Für 2020 aber dämpft Brüssel die Erwartungen: von den zunächst prognostizierten 1,5 Prozent geht man vorsichtig auf 1,4 Prozent zurück. Wachstum, immerhin.
Bereits Anfang des Jahres warnte der Internationale Währungsfonds (IWF) vor einem Einbruch der Weltkonjunktur, nun senkte man die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft um weitere 0,1 Prozent – und sprach gar von einem „prekären“ Wirtschaftsjahr 2020. Blickt man auf die Gründe, die der IWF für seine Rechnung darlegt, wird erneut klar: diese Schwierigkeiten lassen sich nicht innerstaatlich, sondern nahezu ausschließlich durch eine vernünftige und zielorientierte Wirtschafts- und Außenpolitik lösen. Denn auch der IWF nennt den Brexit in einem Atemzug mit den globalen Handelskonflikten zwischen der USA mit China und dem Iran sowie geopolitischen Spannungen in der Golfregion.
Unser Rat
Von dieser Politik aber, die auf globale Zusammenarbeit setzt, zur Schlichtung beiträgt oder gar Konflikte löst, sind wir meilenweit entfernt. In Großbritannien etwa ist die Brexitfrage aktuell gänzlich hinter einen Machtkampf zwischen Boris Johnson und seinen Gegnern zurückgefallen. Statt über die Details eines geregelten Austritts zu reden, ist seit Monaten nicht einmal klar, wer das Land adäquat führen soll (und kann). Und die Handelskonflikte? Werden bekanntlich mehr statt weniger.
Was also bleibt den Unternehmern – in Deutschland, Europa und der ganzen Welt? Selbstvorsorge – beginnend mit einer unaufgeregten, aber realistischen Risikoabschätzung für ihr Unternehmen, die unter anderem diese Fragen beantwortet: In welche Länder exportiert mein Unternehmen? (Dabei auch: Über welche Länder gelangen die Waren an ihre jeweiligen Zielorte?) Mit welchen Geschäftspartnern arbeiten wir zusammen, und welche Schwierigkeiten haben diese möglicherweise? Wie geht es den Branchen, in das mein Unternehmen etwa auch durch zugelieferte Produkte eingebunden ist?
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