Corona-Pandemie: 20 Prozent mehr Insolvenzen
Einen BIP-Verlust in Höhe von 3,5 Billionen US-Dollar und eine massive Pleitewelle weltweit: Dies prognostiziert der Kreditversicherer Euler Hermes in einer aktuell veröffentlichten Studie zu den Folgen der Corona-Pandemie.
Seit Anfang des Jahres beschäftigt sich die ganze Welt – mehr oder weniger – mit der Ausbreitung des Coronavirus und den Folgen für die Menschen. Als erste Fabriken in China geschlossen wurden und keine Frachtschiffe mehr ablegen konnten, schärften Unternehmer, Ökonomen und Politiker spätestens den Blick für die wirtschaftlichen Folgen. Und seit den Lockdowns und Kontaktbeschränkungen überall auf der Welt ist klar: Eine solche Krise ist unvergleichlich.
Wie schwer sie genau zuschlägt, bringt der Kreditversicherer Euler Hermes mit einer aktuellen Studie auf den Punkt: Das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) steckt durch die Corona-Pandemie mit voraussichtlich -3,3 Prozent in der größten Rezession seit dem 2. Weltkrieg. Global dürften die Insolvenzen um 20 Prozent steigen – ein bisher ungekanntes Ausmaß, wie Euler Hermes erklärt. Beim Welthandel drohen Verluste von 3,5 Billionen US-Dollar. Das bedeute ein Minus beim Volumen der gehandelten Waren und Dienstleistungen von 15%, beim Wert der Waren sei der Rückschlag mit -20% sogar noch schwerer.
„Ein Meteoriteneinschlag“
Es habe eigentlich ein eher ruhiges Jahr zu werden sollen, erklärt Ludovic Subran, Chefvolkswirt von Allianz und Euler Hermes: „Zwar mit einigen geopolitischen Unsicherheiten, einem weiterhin schwelenden Handelskonflikt – aber auch mit einem zarten Wachstum bei Welthandel und Weltwirtschaft. Ein Jahr des ‚Durchmogelns‘. Eigentlich. Doch dann kam Corona.“
Seither jage eine Hiobsbotschaft die nächste, von Exportkrise, über ein Beben an den Finanzmärkten, Ölpreisschock bis hin zu einem praktisch weltweiten Konsumschock. „2020 bricht die Weltwirtschaft nach unseren aktuellen Prognosen voraussichtlich doppelt so stark ein wie in der Finanzkrise. Die Verluste sind so hoch wie die Wirtschaftskraft (BIP) von Deutschland und Japan zusammen. Das hinterlässt Spuren wie bei einem Meteoriteneinschlag, die nicht von heute auf morgen wieder verschwinden.“
Wie brisant die Lage ist, erschließt sich durch die Ergänzung Euler Hermes‘, der heftige Einbruch gelte für viele Branchen und viele Länder gleichzeitig. Es sei in den meisten Fällen nicht möglich, alternative Abnehmer oder alternative Absatzmärkte zu finden, um den Einbruch abzufedern.
Eine weltweite Pleitewelle
Die Folgen liegen auf der Hand: Die Insolvenzen werden massiv steigen. Für die USA rechnet Euler Hermes mit 25 Prozent mehr Unternehmenspleiten, für Europa mit 19 Prozent. „Auf die Unternehmen rollt weltweit eine regelrechte Pleitewelle zu“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wir gehen weltweit 2020 aktuell von rund 20 Prozent mehr Insolvenzen aus – damit ist der Anstieg mehr als drei Mal so hoch wie vor der Coronapandemie erwartet (+6 Prozent).“
Als elementar bezeichnet Van het Hof den mit der Politik vereinbarten Schutzschirm. Der Handel werde stabilisiert, dies liefere eine wichtige Grundlage für eine verhältnismäßig gute Ausgangslage deutscher Unternehmen. Dennoch rutsche mit -8,9 Prozent des BIP auch die deutsche Wirtschaft in eine Rezession. Deshalb prognostizieren die Euler Hermes-Volkswirte auch in Deutschland mindestens 10 Prozent mehr Insolvenzen als im Vorjahr.
Klar ist aber auch: Ohne die staatlichen Maßnahmen in vielen Ländern würden die Euler Hermes-Volkswirte von einem noch wesentlich höheren Anstieg der Insolvenzen ausgehen. In Deutschland profitieren Unternehmen neben dem Schutzschirm auch von zahlreichen Liquiditätsmaßnahmen – vieles davon in Form von Krediten.
Neue Schulden genügen nicht
Diese Liquiditäts- und Stabilisierungsmaßnahmen seien ein enorm wichtiger erster Schritt, um die Wirtschaft schnell zu stabilisieren, betont Van het Hof. „Die Kehrseite dieser Medaille ist allerdings, dass die Schuldenlast für viele Unternehmen deutlich größer sein wird als vorher. Damit die Unternehmen von diesen Schuldenbergen nicht erdrückt werden, müssen in einem zweiten Schritt deshalb Lösungen gefunden werden, wie und in welchem Zeitraum die Unternehmen diese Schulden anschließend wieder abbauen oder sie restrukturieren können. Das Problem ist aktuell zwar zunächst aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.“
Euler Hermes bezieht sich hier auch auf die bereits vor der Krise recht hohe Zahl an Zombie-Unternehmen. Schätzungsweise 13.000 Firmen seien es in der Eurozone, die schon vor Corona in finanziellen Schwierigkeiten waren. Sie haben sich durch die andauernde Niedrigzinsphase noch über Wasser halten können. Durch Corona könnte es für viele nun eng werden.
Die vollständige Pressemeldung nebst Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus‘ können Sie hier herunterladen.
Einen sehenswerten Überblick zur Studie liefert auch diese Ausgabe von „Börse vor 8“.