Die Wirtschaft ist längst am Corona-Virus erkrankt
Gerade einen Monat ist es her, als die ersten Wirtschaftsmagazine mit Blick auf den in China grassierenden Corona-Virus ihre Sorgen um die Weltwirtschaft formulierten. Und nun? Sind wir mittendrin.
Wuhan, das war schön weit weg. 40 Millionen Einwohner, gut – aber ist das für chinesische Verhältnisse nicht mehr als eine schwäbische Kleinstadt? Und wer mag schon so schnell aus Wuhan nach Frankfurt, München oder Hamburg wollen? Aus lockerer Distanz amüsierte man sich über das innerhalb weniger Tage in China errichtete Krankenhaus, und gleichzeitig hielt man die Gesundheitssysteme in Mittel- und Westeuropa für ausgefeilt genug, uns vor Infektionen zu schützen.
Diese Arroganz können wir nun getrost hinter uns lassen. Zwar scheinen die innerhalb Deutschlands bekannten Infizierten bislang alle wieder vollständig zu genesen, was selbstverständlich an erster Stelle steht. Die Folgen für Unternehmen, für den Staat und letztlich auch für jeden einzelnen Bürger sind allerdings bereits enorm.
Je exportlastiger, desto Corona: Automobilindustrie
Wenn wir China sagen, sagen wir gleichzeitig Auto. Das Land der Mitte ist nicht nur ein riesiger Absatzmarkt. Chinesische Unternehmen – und ihre Mitarbeiter – sind mit den deutschen Herstellern und Zulieferern eng verwoben, seit beispielsweise die Volkswagen AG bereits Anfang der Achtziger Jahre das erste Werk in China baute. Diese Zusammenarbeit hat sich bekanntermaßen gerade in den vergangenen zehn Jahren noch einmal deutlich intensiviert, bei nahezu allen Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern der Automobilindustrie.
So war es eben auch nicht verwunderlich, dass der erste in Deutschland bekannte Corona-Fall den Angestellten eines bayerischen Automobilzulieferers betraf. Wie in der Branche längst Alltag, hatte er an einem Workshop mit einer chinesischen Kollegin teilgenommen und sich bei dieser mit dem Virus angesteckt. Abgesehen von etwas Presserummel ist dies sowohl für den Erkrankten als auch seinen Arbeitgeber glimpflich ausgegangen. Die in diesem Umfeld infizierten 14 Personen sind inzwischen wieder gesund und können ihrem Alltag nachgehen.
Für die Mitarbeiter des Aachener Automobil-Startups Streetscooter dagegen zerschellte nun eben jener gewohnte Alltag: Weil sich der Corona-Virus voraussichtlich negativ auf das Konzernergebnis auswirkt, wird die DHL Group als Eigentümer Streetscooters die Produktion der Elektro-Nutzfahrzeuge noch in diesem Jahr einstellen. Die 500 Arbeitsplätze: hochgefährdet. Einzig die Instandhaltung der bestehenden Flotte werde weiter betrieben.
Je internationaler, desto Corona: Messen und Konferenzen
Während der Automobilverband VDA ja noch immer um einen neuen Standort für die IAA ringt, sollte zumindest der Genfer Autosalon die Branche wieder an die hochpolierten Neuwagen lotsen. Seit Freitag ist die Traditionsmesse jedoch gestrichen – der Schweizer Bundesrat untersagte nebenbei bemerkt grundsätzliche alle Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern, auch sämtliche Konzert- und Kulturveranstaltungen.
Bereits Mitte Februar cancelte die Mobilfunkanbieter-Vereinigung GSMA den Mobile World Congress in Barcelona, inzwischen schlossen sich unter anderem die Eisenwarenmesse in Köln, die Internationale Tourismusbörse ITB in Berlin und die Facebook-Entwicklerkonferenz F8 mit Absagen an. Auf den Herbst verschoben wurde zudem die Fitnessmesse FIBO, auch sie in den vergangenen Jahren eine stetig wachsende Messe mit internationalem Renommee und hohem Publikumsverkehr. Weltweit sind es derzeit 374 Messen und Konferenzen, die nicht wie geplant stattfinden.
Während die Absagen dieser Events aus gesundheitlicher Sicht absolut nachvollziehbar sind, ist jedoch eines klar: die finanziellen Folgen sind enorm. Jeder Aussteller erhofft sich von einer Präsenz wesentliche Umsatzanteile und kalkuliert diese in seinen Forecast bewusst ein. Unternehmen nehmen hohe Investitionen in Kauf. Standmiete, Standausstattung, Reisekosten, Lieferkosten, Werbeaufwendungen, Personal: Messekosten fressen traditionell einen beachtlichen Teil des Unternehmensbudgets auf – und sie lohnen sich nur, wenn die Mitarbeiter mit vollen Auftragsbüchern und erfolgreich akquirierten Kooperationsvereinbarungen nach Hause kommen. Auch die Auswirkungen auf die Marke eines Unternehmens sind nicht zu vernachlässigen. Ohne Messe keine Sichtbarkeit, kein direkter Kundenkontakt und auch keine Möglichkeit, das Markenimage im Branchenumfeld zu präsentieren.
Je konjunkturabhängiger, desto Corona: Veranstalter und Dienstleister
Seitens der Veranstalter sieht es nicht weniger düster aus. Bei jeder Veranstaltung sind mehrere Gewerke und Dienstleister aktiv – vom Messebauer über den Caterer bis vom Moderator der Produktpräsentation, dazu kommen Hotels, Restaurants und Taxiunternehmen, die nun Umsatzausfälle beklagen. Fallen in den kommenden Wochen weitere Konferenzen, Messen oder Kulturveranstaltungen aus, wird dies einige Unternehmen an den Rand der Existenz bringen. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass es bei den 500 bei Streetscooter gefährdeten Arbeitsplätzen nicht bleiben wird.
Wenn Unternehmen nicht oder nur in geringerem Maße arbeiten können, wird eben auch weniger Geld verdient. Und dann müssen sie sparen. Auch beim Personal. Die Lufthansa etwa kündigte bereits an, alle geplanten Neueinstellungen zu überprüfen, auszusetzen oder auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben sowie Lehrgangsabsolventen nicht übernehmen zu können. Die Mitarbeiter können ab sofort unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen, Teilzeitstellen sollen ausgebaut und Budgets beschnitten werden. Wenn die Menschen aber weniger verdienen, zahlen sie wiederum weniger Steuern und haben weniger Geld für Reisen und Konsum übrig.
Die Frage lautet: Wer sorgt künftig vor, und wer heilt?
Auf den erkrankten Menschen liegt der Fokus, sowohl in der Politik als auch in den Medien – und das ist auch völlig richtig so. Unternehmen fragen sich dennoch, wie sie sich jetzt vor den Folgen des weltweit grassierenden Virus schützen können. Wie sie die entgangenen Umsätze kompensieren und eventuelle Betriebsstilllegungen oder Produktionspausen überstehen sollen. Wie sie ihr Personal halten können, ohne dass die Kosten ihnen die Luft nehmen.
Für sie hat das Bundeswirtschaftsministerium an dieser Stelle erste Antworten gesammelt. Auch eine Hotline ist geöffnet. Wie stark die Krise sich letztlich auf die Konjunktur auswirkt, hängt laut BMWi von der Dauer der Epidemie ab. Gelingt es beispielsweise nicht, die Ausbreitung einzudämmen und erkranken weitere Menschen weltweit an dem Virus, ist unserer Einschätzung nach in jedem Fall mit der Stilllegung ganzer Betriebe sowie Lieferketten zu rechnen. Fehlen wiederum zugelieferte Teile, können Abnehmer-Unternehmen ebenfalls nicht fertigen und ausliefern. Und das heißt: kein Umsatz, kein Gewinn, keine Liquidität.
Unser Rat: Prüfen Sie jetzt noch einmal intensiv:
- Wie stark hängt Ihr Unternehmen an Exporten in oder Importen aus besonders gefährdeten Gebieten?
- Stehen Konferenzen oder Messen auf Ihrer Agenda, deren Besuch ggf. gefährdet ist? (Wenn ja: lassen sich einige der bereits vereinbarten Termine vorziehen und mithilfe eines persönlichen Besuchs oder wenigstens einer telefonischen Kontaktaufnahme bewerkstelligen?)
- Wie steht es um Ihre Liquidität: bis zu welcher Höhe können Sie Umsatzausfälle kompensieren?
- Wo könnten Sie – falls nötig – den Rotstift ansetzen?
- Wie stabil ist Ihre Absicherung? Eine Betriebsstilllegung lässt sich nicht versichern, Forderungsverluste, weil einer Ihrer Abnehmer aber infolge der Corona-Epidemie zahlungsunfähig ist, dagegen schon. Sprechen Sie einen Makler an – wir empfehlen eines der im BARDO organisierten Maklerunternehmen – und gehen Sie mit ihm gemeinsam Ihre Policen durch.
Wir wünschen Ihnen Stabilität – gesundheitlich wie finanziell. Geben Sie gut auf sich acht!